Wie der Name schon sagt, wird in der Berufsfindungsklasse von Beginn an mit Hochdruck an der Lehrstellensuche gearbeitet. Der Berufswahlprozess gestaltet sich dabei meist eher schwierig und komplex, da oft multifaktorielle Problematiken und die persönliche Situation der einzelnen Jugendlichen den Prozess beeinflussen, wenn nicht sogar bestimmen.

Als erstes muss ich als Lehrperson den Berufswahlstand der einzelnen Jugendlichen abklären. Im besten Fall ist die Berufswahl abgeschlossen, im Schlechtesten hat sich der Jugendliche noch kaum damit auseinander gesetzt. Während beim ersten Fall nur noch geklärt werden muss, ob die getroffene Berufswahl auch realistisch und umsetzbar ist, muss beim zweiten Fall, was sonst während zwei Jahren erarbeitet wird, in ca. 2-3 Monaten nachgeholt werden: nämlich das Finden des richtigen Berufes. Parallel dazu muss dann auch immer ein Plan B erarbeitet werden. Dies gestaltet sich immer wieder als schwierig, da viele der Jugendlichen sich auf einen Beruf eingeschossen haben und kaum mehr die Offenheit aufbringen, sich auch für einen zweiten Beruf zu begeistern. Diese Phase verlangt oft einiges an Erfahrung und Fingerspitzengefühl seitens der Lehrperson, da nicht selten Träume, zumindest vorläufig, zerstört werden und die Vorstellungen und Phantasien der Jungs der Realität weichen müssen. Da für die ganze Lehrstellensuche, teilweise inklusive Berufswahl, in der Berufsfindungsklasse (10. und somit letztes Schuljahr) nur ein Jahr Zeit bleibt, bleibt schlicht und einfach auch kein Platz für unrealistische Wunschvorstellungen.

Als nächstes, und darin unterscheidet sich unser Berufswahlprozess von dem an einer öffentlichen Schule, muss geklärt werden, welche Optionen ein Jugendlicher überhaupt hat. Das heisst, der Auftrag der einweisenden Behörde und die damit verbundenen Rahmenbedingungen müssen zuerst genau geklärt oder definiert werden. Die Hauptfragestellung dabei ist, ob es für den Jugendlichen überhaupt möglich ist, eine externe Lehre zu absolvieren oder nicht. Muss er eine interne Lehre absolvieren, beschränkt sich die Berufswahl dann auf die 14 Berufe, die wir anbieten können. Dies erleichtert dann wiederum die Berufswahl. Die grösste Problematik besteht manchmal darin, dass diese Rahmenbedingungen nicht klar formuliert sind und den Jugendlichen die Aussicht auf eine externe Lehrstellensuche aufrechterhalten wird. Dies hat zur Folge, dass viel Zeit verloren geht, bis auch für den Jugendlichen klar wird, dass eine externe Lehre nicht erreicht werden kann. Denn häufig ist es eben so, dass der schulische Stand und die eher wenig trainierten Sozialkompetenzen der Jungs gar keine Lehre in der freien Wirtschaft zulassen. Dies ist jedoch jeweils den wenigsten Jungs bewusst oder sie wollen es nicht wahrhaben. Während dieser Zeit wird die interne Lehrstellensuche völlig vernachlässigt, denn die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt. Den Jugendlichen zu erklären, dass sie sich zur Sicherheit auch intern bewerben sollen, damit sie bei Toni Schönbächler auf dem Radar sind, erweist sich meistens als schwierig. Für die Jugendlichen wird eine interne Bewerbung mit einer Bekennung zum Albisbrunn gleichgesetzt und das geht für die meisten gar nicht, da ja die Aussicht auf eine externe Lehre noch vorhanden ist (theoretisch zumindest). Oft kommen die Einsicht bei den Jungs und die klare Ansage des Einweisers für eine interne Lehre dann eben sehr spät, sodass noch in einer Hauruckaktion eine interne Lehre gesucht werden muss. Zum Leid der Jungs kann es dann passieren, dass die Lehrstelle ihres Wunschberufs schon vergeben ist. Glücklicherweise kann für die meisten Jungs dann trotzdem noch eine für sie gute Lösung gefunden werden, worauf sie sich auch einlassen können und wollen. Dies verlangt von so jungen Menschen einiges ab und ich staune immer wieder, wie flexibel sie sich der vorherrschenden Situation dann doch anpassen können. Insofern ist es eben sehr wichtig und wünschenswert, dass die Jungs einen für sie optimalen Berufswahl- und Lehrstellenfindungsprozess durchlaufen können und dabei müssen auch wir, ihr Umfeld und die einweisenden Behörden ihren Teil dazu beitragen.

Tony Fuchs, Lehrer Berufsfindungsklasse

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